Das BILD-Interview des baldigen US-Präsidenten Donald J. Trump hat in Europa hohe Wellen geschlagen. Wie bereits in einem vorherigen Beitrag beschrieben, kann man mit solchen Persönlichkeiten durchaus (politisch) verhandeln – wenn man sich bestimmte Aspekte vor Augen führt. Die aktuelle, weltweite Stimmungslage sollte jedoch auch Anlass dazu geben, sich Gedanken zu machen, welche Auswirkungen die jüngste Entwicklung auf kommende Verhandlungen haben könnte. Aus meiner Sicht befinden wir uns einen Schritt vor dem Negotiation-Mittelalter.
Weshalb? President-elect Trump wird voraussichtlich nicht aufhören, seine – zum Teil extremen – Positionen öffentlich kundzutun. Dafür steht ihm im 21. Jahrhundert eine Vielzahl an Kanälen zur Verfügung. Seine Ansichten zu bestimmten politischen und wirtschaftlichen Gegebenheiten werden auch weiterhin polarisieren – und bei der politischen Elite weltweit vor allem zu einem führen: zu Empörung. Diese ist wiederum Grundlage jedes größeren Konfliktes.
Weil Politiker anderer Länder es nicht (mehr) gewohnt sind, mit Charakteren wie Mr. Trump zu verhandeln, wird die erste, reflexartige Handlung sein, die eigenen Positionen lauthals zu verkünden. Auch ihnen steht eine Vielzahl an Kommunikationskanälen zur Verfügung.
Diese Äußerungen werden dazu führen, dass alle Seiten nur schwer von diesen (extremen) Positionen werden abrücken können. Die jeweiligen Wähler werden ganz genau darauf achten, wer (subjektiv) nachgibt und Schwäche zeigt. Der Handlungsspielraum wird sich auf einen Quadratmeter begrenzen. Metaphorisch gesprochen.
Die zweite Reaktion hängt mit dem eigenhändig eingeschränkten Aktionsraum zusammen: Jede Seite wird große Anwaltskanzleien beauftragen, um ihr „zur Seite zu stehen“. Wenn Konflikte nicht über Interessen gelöst werden können, fällt man auf das Recht zurück. Und wenn das nicht klappt, heißt die Lösung Macht und Kampf ist die Ultima Ratio. Hoffen wir, dass es nicht dazu kommen wird.
D.h., wir bewegen uns rapide auf Lose-lose-Vereinbarungen zu, bei denen eine gehörige Portion Mehrwert aufgegeben wird und in Negotiations kein subjektiver Wert – für keine der Parteien – entsteht. Das nenne ich Negotiation-Mittelalter. Verhandlungspartner werden wortwörtlich zu Verhandlungsgegnern. Bei dieser Entwicklung wird es lediglich einen Profiteur geben: große, multinationale Anwaltskanzleien.
Dabei, und hier wiederhole ich mich bewusst, können politische und wirtschaftliche Deals so geschlossen werden, dass beide Parteien davon profitieren. Dafür müssen: