Vor mehr als sieben Jahren geisterte eine Meldung durch die Medien: der amerikanische Spielwarenhersteller Hasbro befinde sich in fortgeschrittene Verhandlungsgespräche bezüglich der Übernahme von DreamWorks Animation. Der Kauf würde Hasbro näher an das Ziel bringen, ein globaler Entertainment-Riese zu werden. An den Aktienmärkten wurde die Nachricht jedoch nicht besonders wohlwollend angenommen. Bereits zwei Tage nach der Bekanntgabe der Verhandlungsgespräche sank die Aktie des Unternehmens um 5%. Die Aktionäre äußerten Bedenken, da die letzten Dreamworks Filme an den Kinokassen leistungsschwach ausfielen. Dann schaltete sich noch die Walt Disney Company in den Prozess ein. Disneys Lizenzen für Figuren und -Filme machten ungefähr 30% von Hasbros Geschäft aus. Erst einige Wochen vor Bekanntgabe der Fusionspläne hatte Disney seine lukrative Prinzessinnen-Produktpalette von Mattel zu Hasbro gewechselt. Disney missfiel, dass Hasbro mit seinem Hauptkonkurrenten DreamWorks fusionieren wollte und erhöhte den Druck auf das Hasbro Verhandlungsteam. Also brachen sie die Verhandlungen mit DreamWorks ab. Sie taten das, was viele Verhandler unbedingt vermeiden wollen - sie verließen den Verhandlungstisch.
Sowohl in privaten, wie auch in geschäftlichen Verhandlungen streben wir eine Einigung an. Die Verhandlungsforschung und -beratung fokussieren sich auf Empfehlungen, die helfen sollen Differenzen zu überwinden, harte Positionen aufzulockern und harmonische Bedingungen zu schaffen. Also auf Maßnahmen, die mit etwas Glück zu einer nachhaltigen (Geschäfts-)Beziehung führen. Eine zu stark konsensorientierte Einstellung birgt jedoch das Risiko die Tatsache zu ignorieren, dass manche Geschäftsabschlüsse sich schlichtweg nicht lohnen. Kooperationen, Fusionen o.Ä. haben bekanntlich hohe Ausfallraten. Kaufverträge und Arbeitsverträge enden oft in Enttäuschung einer oder beider Parteien.
Viele Geschäftsleute wissen, dass es ratsam ist eine Verhandlung abzubrechen, falls die Einigung schlechter als die eigene Alternative (BATNA) ausfallen würde. Dennoch können die Wenigsten den Wert der potentiellen Vereinbarung in Bezug auf ihre BATNA bewerten. Aus diesem Grund wird oft weiter verhandelt, obwohl es unlogisch - und unwirtschaftlich - ist weiter zu machen.
Wissenschaftler der Universitäten Toronto, Northwestern und Carnegie Mellon haben untersucht, weshalb es so schwer ist bei einer suboptimalen Vereinbarung den Verhandlungstisch zu verlassen. Sie fanden ebenfalls heraus dass der Einsatz eines Verhandlungsteams eine geeignete Gegenmaßnahme wäre.
Es gibt eine Vielzahl von Gründen, weshalb ein Verhandler geneigt sein kann in die „Einigungsfalle“ (Tendenz einem Deal zuzustimmen, der minderwertiger als der Wert der Handlungsalternative BATNA ist) zu tappen.
Sie könnten der Einigungsfalle entgehen, wenn Sie als Teil eines Teams verhandeln. Wissenschaftler fanden dies anhand von zwei Experimenten heraus. In einem der Experimente beteiligten sich mehr als 1.000 MBA-Studenten an einer simulierten Verhandlung zwischen einem Verkäufer und einem Käufer einer Immobilie. Der Fall war derart konzipiert, dass die Interessen beider Parteien unvereinbar waren. Einen Deal nicht einzugehen und den Verhandlungstisch zu verlassen wäre für Käufer und Verkäufer das optimalste Vorgehen gewesen. Die Studenten verhandelten in verschiedene Paarungen (1:1, 2:2, oder 3:3). Die Teams (im Vergleich zu den Einzelverhandler) entschieden sich viel öfter für den Verhandlungsabbruch, also für die rationellere Wahl. Dabei zeigten sich zwischen Zweier- und Dreier-Teams keinerlei Unterschiede. Das zweite Experiment zeigte, dass Gruppen eine bessere Urteilsfähigkeit aufweisen und somit der Einigungsfalle entgehen.
In komplexen Verhandlungen mit einer Flut an Informationen die verarbeitet werden müssen, sind Teams effektiver als einzelne Verhandler, vor allem wenn es darum geht gute Vereinbarungen für beide Seiten abzuschließen. Teams stellen mehr Fragen und beurteilen treffsicherer die Interessen, Präferenzen und Prioritäten ihrer Verhandlungspartner. In Teams ist auch die Gefahr einen suboptimalen Deal nur der Beziehung Willen einzugehen geringer, da die Beziehungen innerhalb der Teammitglieder die Beziehungen zum Gegenüber übertrumpfen. Nichtsdestotrotz schneiden einzelne Verhandler bei bestimmten (kompetitiven) Erfolgskriterien besser ab.
Vier Tipps können Ihnen helfen, die Einigungsfalle zu umgehen und die Angst zu überwinden in einer Verhandlungs-Sackgasse stecken zu bleiben:
Dennoch gibt es auch einige Nachteile beim Verhandeln im Team. Zum einen sind Teams viel eigennütziger als Einzelpersonen und neigen eher dazu den Verhandlungspartner täuschen zu wollen. Gruppen neigen dazu sich den eigenen Teammitgliedern gegenüber sehr loyal zu verhalten, was zur Folge hat, dass sie die Bedürfnisse der anderen Verhandlungsgruppe abwerten und sie unfair behandeln. Darüber hinaus weisen Verhandlungsteams ein viel geringeres Vertrauenslevel als Einzelpersonen auf. Sie stehen den Motiven der Gegenseite viel skeptischer gegenüber als einzelne Verhandler. Diese Ergebnisse lassen darauf schließen, dass Teams zusätzliche Anstrengungen unternehmen sollten, um Vertrauen zur gegnerischen Verhandlungspartei zu bilden, bevor sie in komplexen Verhandlungen eintreten. Ein höherer Grad an Vertrauen geht mit gesteigerter Fairness und erhöhter Bereitschaft die Ergebnisse Aller durch Zusammenarbeit zu verbessern einher.